Wie leite ich ein Rollenspiel für Einsteiger?

Teil 1: Die Vorbereitung

Kathrin Eggerling

Du möchtest Rollenspiel in deinem Freundeskreis etablieren, willst deinen Eltern endlich zeigen, was du am Wochenende so treibst, oder hast dich bereit erklärt, eine Anfängerrunde an den RollenSpielTagen zu leiten (sehr löblich!) – doch wie machst du das? Wie gestaltest du das Spiel? Welches System wählst du? Und wie bringst du deine anfangs vielleicht skeptischen Mitspieler dazu, begeistert an deinen Tisch zurückzukehren? Diesen Fragen gehen wir gemeinsam auf den Grund.

Das „erste Date“: Kenn deine Runde!

Damit meine ich nicht, dass du deine Mitspieler persönlich kennen musst – obwohl das helfen kann. So kannst du nämlich einordnen, welche Elemente des Rollenspiels sie interessant finden werden. Ein Anfängerrollenspiel ist ein bisschen wie ein erstes Date: Du willst dein Gegenüber von dir, ähem, in diesem Fall von deinem Hobby begeistern. Kennst du deine „Datepartner“ im Vorhinein, weißt du, in welchem Restaurant (sprich: in welchem Setting oder System) du die besten Chancen hast.

Spielst du auf einem „Blinddate“, bei dem du deine Mitspieler nicht kennst, kläre möglichst zu Beginn der Runde wenigstens diese Fragen:

  • ind deine Anfänger komplette Rollenspieleinsteiger oder haben sie Erfahrung mit anderen Systemen? Wenn Sie ein anderes Rollenspiel kennen, erleichtert dir das
    einiges; insbesondere, wenn du dieses System auch kennst und Vergleiche ziehen kannst. Außerdem kannst du dir dann grundsätzliche Erklärungen sparen.

  • Besteht die ganze Runde aus Anfängern? Wenn nicht, gewinne die erfahrenen Spieler als Helfer und Mit-Erklärbären. Das unterstützt dich in deiner Aufgabe und gibt ihnen gleichzeitig etwas zu tun, während die Anfänger sich noch zurechtfinden.


Die Qual der Wahl: Welches System ist geeignet?

Die Frage erübrigt sich natürlich, wenn du deine spielwilligen Freunde oder andere
Vereinsmitglieder bereits mit einem bestimmten System oder Setting an deinen Tisch gelockt hast – aber wenn nicht? Welches Rollenspiel eignet sich für Anfänger? Prinzipiell kannst du mit ihnen jedes System bespielen, denn „oh Wunder“: Wir haben alle mal klein angefangen.

Ich persönlich setze bei absoluten Einsteigern auf regelleichte Systeme wie Das Schwarze Auge (1. Edition) oder FATE. Man kann natürlich schon zu Beginn einen richtigen Klopper rausholen, Shadowrun 5 oder Das Schwarze Auge 4.1 zum Beispiel. Damit läuft man allerdings Gefahr, mehr mit den Regeln zu kämpfen als mit Bösewichten und Ungeheuern … In einer Gruppe, die mindestens zur Hälfte aus alten Hasen besteht, kann man dem entgegenwirken: Teilt gemeinsam jedem Anfänger einen „Regelmentor“ zu, der seinem Schützling hilft, durch das Chaos zu steigen. Das kann gut funktionieren, ich selbst habe auf diese Weise meine ersten Schritte als Schattenjäger-Spieler gemacht.

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Ich habe aber auch schon Runden erlebt, in denen die Anfänger so zu Statisten verkamen, die lediglich die optimierten Handlungsvorschläge ihrer erfahrenen Helfer durchführten (denn die wissen ja schon, wie es „richtig“ geht). Wenn ich selbst leite, lasse ich es lieber gar nicht so weit kommen und verzichte auf allzu viele Regeln. Meiner Meinung nach sollten die Charaktere im Rollenspiel Einfluss auf die erzählte Geschichte haben – und jeden einzelnen Spieler gilt das erst recht.

Fantasy oder Zombiealiencowboy Noire: Welches Setting reißt deine Einsteiger mit?

Beim Setting sind der Fantasie wie immer keine Grenzen gesetzt. Viele Systeme kommen mit einer eigenen Welt daher: Klassische Schwarzes-Auge-Abenteuer spielen auf Aventurien oder einem der anderen derischen Kontinente, Cthulhu findet auf einer horrorinfizierten Erde statt … Wer ein wenig kreativ wird, kann das Regelsystem oft mit geringem (oder höherem) Aufwand in ein anderes Setting übertragen, doch das ist normalerweise nicht nötig – es sei denn, du hast deine Spieler mit sehr speziellen Versprechen an den Tisch gelockt: „Lass uns endlich mal DSA spielen … Ja, klar geht das auch im Weltraum!“

Bedenke allerdings, dass die meisten Regelsysteme dazu gemacht sind, ein bestimmtes Setting zu stützen. Wenn deine Anfänger auf ein spektakuläres Sci-Fi-Abenteuer bestehen, liest du dich vielleicht lieber in ein entsprechend schnell erfassbares System ein (z. B. Space Pirates), statt auf Biegen und Brechen DnD-Regeln zu verwenden. Aber letztendlich liegt das natürlich bei dir.

Für Systeme, die kein bestimmtes Setting verlangen, habe ich eine einfache Faustregel: Leite das, was dir selbst Spaß macht. Je mehr du dich selbst für die Spielwelt und deine Spielrunde begeisterst, desto eher springt der Funke auch zu deinen Spielern über. Wenn du sie persönlich kennst, kannst du im Vorfeld mit ihnen absprechen, ob sie Lust auf Cowboys, Fantasy oder Sci-Fi haben – oder vielleicht alles zusammen. Erlaubt ist, was gefällt.

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Das Buffet des Rollenspiels: Dein Abenteuer

Weißt du schon, welches System du bespielen möchtest? Sehr gut, dann geht es ans Vorbereiten deines Abenteuers. Du merkst, ich drücke mich gerne bildhaft aus, daher wieder ein Vergleich aus dem echten Leben: Wenn du für Anfänger leitest, dann betrachte dein Abenteuer als ihren ersten Gang zum Buffet.

Damit meine ich, dass du deinen Spielern eine bunte Auswahl typischer Gerichte anbietest. Tu ihnen von diesem und jenem auf, ohne den Teller zu überfrachten. So können sie überall probieren. Wenn es ihnen geschmeckt hat, werden sie sich auf Nachschlag in Form weiterer Sessions freuen. Der Balanceakt besteht nun darin, die verschiedenen Facetten von Rollenspiel innerhalb weniger Stunden anklingen zu lassen – schließlich wird dir kaum ein Anfänger direkt seine Seele für eine einjährige Kampagne verkaufen, ohne wenigstens mal ns Spiel hineingeschnuppert zu haben …

Aufgrund der Kürze der Zeit empfehle ich daher:

  • Halte dein Abenteuer simpel. Komplizierte Sozialgefüge und Dreifachagenten haben in einem Rollenspiel für Einsteiger nichts verloren.

  • Simple Plotbeispiele: Rettet die Prinzessin, Findet den Schatz, Fangt den Mörder, Entkommt aus dem Kerker, Tötet den Drachen …

  • Biete deinen Spielern das erwähnte Buffet. Ich empfehle wenigstens eine soziale
    Herausforderung, einen kleinen Entdeckerpart (mit Karte, wenn es zum System passt) und einen Kampf.

  • Ablaufbeispiel: Bringt den Spion zum Reden (sozial), Findet die belastenden Beweise im verlassenen Diebesunterschlupf (entdecken), Überwältigt den
    fliehenden Unterweltboss und seine Schergen (kämpfen)

  • Hab die Zeit im Blick: Mit Vorgeplänkel, Erklärungen, Einstieg und Abschluss sind schnell mal ein oder zwei Stunden verflogen. Gestalte daher Entdeckerparts und Kämpfe entsprechend kompakt.

  • Gestalte das Abenteuer eindeutig: Deine Spieler wollen den Plot nicht suchen. Tatsächlich können sie als Anfänger nicht einmal wissen, wie das geht. Gib ihnen einen eindeutigen Handlungsstrang, dem sie folgen können. Wenn es zu diesem Zweck den geheimnisvollen Fremden, mächtigen Magier in der Taverne oder ein ähnliches Klischee braucht, dann sei es so. Deine Spieler sind neu. Selbst wenn dir so eine Story wie ein alter Hut vorkommt, können sie sich davon fesseln lassen.


In diesem Beitrag hast du einige Anregungen zur Vorbereitung auf deine Rollenspielrunde für Anfänger bekommen. Mit dem nächsten Teil gehts ab ins kalte Wasser, denn dann wird gespielt!